Reibungsflächen
zwischen Magie und Religion
Georg Luck, 1926 in Bern geborener Professor für
Philologie an der Johns Hopkins Universität Baltimore, in Magie
und andere Geheimlehren in der Antike (1990): „Keine der modernen
Formulierungen, die den Unterschied zwischen Religion und Magie
zu bestimmen suchen, ist voll befriedigend. Nach Konrad Theodor
Preuß hat sich die Religion aus der Magie entwickelt. Für
Sir James Frazer ist Religion ein Versuch, persönliche Mächte
miteinander zu versöhnen, weil die Magie versagt hat. Religion
und Magie – so sieht es R.R. Marett – haben sich aus
gemeinsamen Wurzeln in ganz verschiedener Richtung entwickelt...
In Wirklichkeit hat es diese Extreme nie gegeben, sondern nur Übergangsformen.“
Der Haupteinwand gegen die Magie liegt im Vorwurf der Bemächtigung
unpersönlicher Kräfte, anderer Lebewesen und geistiger
Wirklichkeiten für eigene Ziele. Auf diese Weise wäre
Magie der Ausdruck einer ichbezogenen Haltung, die alles übrige
instrumentalisiert. Dieser Vorwurf bleibt unabhängig davon
aufrecht, ob diese intendierte Beeinflussung nun tatsächlich
möglich ist oder nicht.
Aus Sicht des praktizierenden Magiers dagegen kann die Abhängigkeit
von Institutionen, Dogmen und Glaubenssätzen der christlichen
Kirche, welche dem Gläubigen Schranken des Denkens und Verhaltens
auferlegen, das Individuum seiner Freiheit berauben und in Kant'sche
selbstverschuldete Unmündigkeit führen, die es abhalten,
einen echten Bezug zum Göttlichen in sich selbst herzustellen,
der nicht auf Glaube, sondern auf Erfahrung beruht.
Magie spielt bei neuheidnischen Religionen wie Wicca eine besondere
Rolle. Da Magie ebenso als reine Technik betrachtet werden kann,
muss sie nicht unbedingt eine religiöse Funktion erfüllen.
Jedoch war die Praxis der Magie in älteren Kulturen Aufgabe
der Priesterinnen und Priester. Dabei entfernte sich in westlichen
und monotheistischen Kulturkreisen die Magie häufig von der
Religion. Viele praktizierende Magier betrachten sich als Priester.
Unter praktizierenden Magiern gibt es sogar die Lesart, Religionen,
die sich auf eine nachweislich gestorbene Gründerfigur bezögen
und diese anriefen, also evozierten und invozierten, seien nichts
anderes als Nekromantenkulte.
Christliche Magie und auch heidnisch-religiös orientierte Magie,
Wicca (Hexentum), Asatru (germanischer Glaube), arbeiten in erster
Linie mit der These „Es ist mein Wille, wenn es dein (Gott,
Universum, unterschiedlichste Götter) Wille ist“. Der
Magier ist in dieser Magie ein Bittender, der die Interessen seiner
Mitmenschen im Auge hat und häufig als Heiler fungiert.
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